Recycling Mies
„Recycling Mies“
Das neue Gebäude in der Aachener Talstraße trägt seinen Namen „Recycling Mies“ nicht nur aus Ehrerbietung gegenüber dem in Aachen geborenen Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Der Name ist ganz wörtlich zu nehmen. Denn der Bau besteht aus Materialien, die zuvor bereits für einen anderen temporären Bau genutzt wurden: für die Architekturausstellung „Mies 1:1 Das Golfclub Projekt“, Krefeld 2013 bei dem ein nie realisierter Entwurf von Mies van der Rohe für einen Sommer als begehbares Architekturmodell in Originalgröße erlebbar gemacht wurde. Die künftige Weiterverwendung der Baumaterialien für „MIES 1:1“ war von Beginn an Teil der Ausstellungskonzeption.
2014/15 entstand aus den wiederverwendeten Materialien und Bauteilen vor dem Kulturdepot im Stadtteil Aachen-Nord ein temporärer Holzbau als Selbstbauprojekt der Studierenden. Seine neue Nutzung in einem ganz anderen Kontext verlangte, das Material neu zu interpretieren. Fenster und Türen wurden aus Aachener Schulsanierungen und verschwundenen Dörfern des Braunkohletagebaus ergänzt, die Wärmedämmung besteht aus aufbereitetem Zeitungspapier.
Die Möblierung der Infobox schreibt den Recyclinggedanken weiter: Aus Paletten schufen junge Flüchtlinge gemeinsam mit dem Designbüro PYG die benötigten Möblierung, eine Initiative der gemeinnützigen Arbeitsförderungsgesellschaft low-tec.
Technical Description
Ca 25 Prozent des Baumaterials wurden nach dem Zerlegen des Architekturmodells in gelagert und von den Studenten sorgfältig vermessen und katalogisiert.
Entgegen seiner Begrifflichkeit verweist die architektonische Strategie des Aachener Recycling-Mies-Pavillons auf den ersten Blick nicht auf die Miesschen Raumprinzipien des Krefelder Golfklubs.
Im Vordergrund steht die Pragmatik einer ökonomischen Verwendung des Materials, welches in festgelegten Mengen und Abmessungen zur Verfügung stand: Querschnitte und Längen der Holzständer, Länge und Breite der weiß bzw. farblos lasierten Seekieferplatten sowie 2 der verchromten Kreuzstützen.
Die gewählte Konstruktion besteht aus 42 vorgefertigten Holzbau-Elementen, die an zweieinhalb Tagen auf einer Stahl-Trägerlage vor Ort zusammengefügt wurden.
Die Abmessungen der Boden und Deckenelemente sowie die Höhe der Wandelemente sind durch Anzahl und vorgegebenes Maß der 3,70 m langen Holzständer definiert. Die räumliche Anordnung der Elemente reagiert auf den Baumbestand und den Geländeversprung:
Zwei längliche, dem Höhenverlauf folgend abgestufte Bauvolumen sind zueinander verschränkt angeordnet, Sitzstufen bilden im Inneren die Verbindung der beiden Ebenen.
Während sich ein Baukörper mit seiner oben gelegenen Kopfseite zur Kreuzung öffnet, orientiert sich der zweite Baukörper zum tiefer gelegenen Vorplatz des Kulturdepots.
In den Schnittpunkten der Volumen angeordnet, bilden die verchromte Kreuzstützen bewusst einen Gegensatz zur robusten Materialität von Wänden, Boden und Decke. Sie verweisen wie Reliquien auf das nicht mehr vorhandene Krefelder Architekturmodell.